Alphabet – Angst oder Liebe?
Wie viel „Vielfalt“ verträgt unser Schulsystem?
"Wie sieht Ihrer Meinung nach der Top-Manager der Zukunft aus? - Leistungsorientiert! Egal wie! -Egal wie? - Egal wie!" (Teilnehmer des Wettbewerbs 'CEO of the Future' bei McKinsey)
"Die Verkürzung des Lebens auf die Ökonomie ist eine der schlimmsten Entwicklungen der heutigen Zeit." (Thomas Sattelberger, bis Mai 2012 Personalvorstand und Arbeitsdirektor der Deutschen Telekom AG)
"Was man einem Kind schuldet, ist das Glück. ... Was ist die Schule im Vergleich mit den unbändigen Kräften des Lebens, die einem Kind innewohnen!" (Michèle Stern, Pädagogin)
Klein war der Kreis der Interessenten an diesem Filmabend; dennoch oder vielleicht gerade deswegen war die Diskussion nach dem Film umso intensiver.
Erwin Wagenhofer, der österreichische Filmemacher, hat in „Alphabet“ international anerkannte Fachleute aus den Bereichen der Pädagogik, der Gehirnforschung, der Wirtschaft und der Schulentwicklung zu Wort kommen lassen. Recherchiert hat er nicht nur beim großen „Pisa-Sieger“ China, sondern auch in Frankreich und in verschiedenen deutschen Schulen.
Übereinstimmende Aussage all dieser Recherchen, aller Statements der Experten und damit auch die von Wagenhofer ist die vielfach belegte Erkenntnis, dass unser derzeitiger Umgang mit unseren Kindern im Bereich des Lehrens und Lernens nicht zukunftsfähig sei. Nicht etwa, weil die Schulabgänger nicht „wirtschaftskompatibel“ seien, nicht genug vorbereitet auf die Anforderungen unseres Wirtschaftssystems, sondern ganz im Gegenteil, weil im Laufe ihrer schulischen Entwicklung ihre angeborene Kreativität, die individuelle Besonderheit jeden Kindes systematisch abtrainiert werde und damit für die Gesellschaft verloren ginge.
Dieser angstbesetzte und angsterzeugende Umgang mit unseren Kindern müsse abgelöst werden von einer Pädagogik der Zuwendung und der Liebe. „Alles, was Menschen hilft, was sie einlädt, ermutigt und inspiriert, eine neue, andere Erfahrung zu machen als bisher, ist gut für das Hirn und damit gut für die Gemeinschaft“, so der Hirnforscher Prof. Gerhard Hüther aus Göttingen.
Solche Paradigmenwechsel, auch das macht der Film sehr deutlich, brauchen Zeit, brauchen gesellschaftlichen Druck, werden nicht „von oben“ kommen, sondern werden von Menschen „vor Ort“ in Gang gebracht.
Dass mit diesen Veränderungen im Umgang mit unserem wichtigsten Gut, dem menschlichen Lebewesen, auch eine Paradigmenwechsel im wirtschaftlichen Denken verbunden sein muss, auch darauf geht der Film sehr deutlich ein. Ein Wachstum, das auf immer schneller, immer weiter, immer mehr ausgelegt sei, werde an seine Grenzen stoßen, wenn es dies nicht schon längst sei. Auf der Strecke bleibt dabei der Mensch, dessen angeborene Grundstruktur dem auf Dauer nicht gerecht werden könne.
Die anschließende Diskussion im kleinen Kreis führte sehr schnell zur Frage, was jede Familie tun könne, um diese negativen Einflüsse auf die individuelle Entwicklung unserer Kinder zu begrenzen oder gar ganz auszuschalten. Wie vielfältig auch hier die Perspektiven sind, kam deutlich zum Ausdruck, von der Angst, später einen Arbeitsplatz zu bekommen bis hin zu den teilweise übersteigerten Erwartungshaltungen an die Leistungsfähigkeit des eigenen Kindes- all dies kam zur Sprache.
So förderte dieser Filmabend nicht nur die Probleme und Fragestellungen unserer Schulen zutage, sondern er spannte auch schon den Bogen zum nächstjährigen Thema von „Fischbachtal-kreativ“, nämlich zur Frage „Wie nachhaltig ist unser Wirtschaftssystem?“
Mehr Informationen:
- Zur Filmwebsite: www.alphabet-film.com
- Brief der damals 15-jährige Schülerin Yakamoz Karakurt: www.zeit.de
- Über den Film bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Alphabet_(Film)
Hier ist unsere Einladung:
Alphabet – Angst oder Liebe? Was Schule aus unseren Kindern macht
Filmabend | Bürgerhaus Billings | Mi., 11.11.2015, 20:00 Uhr
Der im Oktober 2013 erstmals gezeigte Film des Österreichers Erwin Wagenhofer steht inhaltlich in engem Zusammenhang mit unserem Infoabend zur Vielfalt im Klassenzimmer.
Nach einem Drehbuch von Sabine Kriechbaum und ihm selbst, unterlegt und ausgemalt durch die Musik von André Stern, zeigt Wagenhofer, wohin die Ausrichtung unserer Schulen rein auf Leistung, Konkurrenzdenken und Technikorientierung führen kann.
In Zeiten regelmäßiger sogenannter „Pisa-„Tests“ und anderer angeblich leistungsfördernder Messverfahren bestehe die Gefahr, dass Kreativität und innovatives Denken auf der Strecke bleiben.
Namhafte Künstler und Wissenschaftler waren an diesem Filmprojekt beteiligt – entsprechend eindrucksvoll und anregend ist der Film.